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Patientenakte bald elektronisch

Über 70 Millionen Akten sind schon angelegt – bundesweiter Einsatz kommt

Patient gibt einer Ärztin seine Versichertenkarte.
Statt viele Unterlagen in die Praxis zu tragen, soll es künftig reichen, die Versichertenkarte mitzubringen. Foto: Production Perig / Adobe Stock

Weniger Papierkram und ein besserer Überblick für Versicherte und Behandelnde: Das sind Ziele der elektronischen Patientenakte (ePA). Nach einem Testlauf soll sie in den nächsten Wochen bundesweit starten. Für den SoVD ist die ePA ein wichtiges Projekt mit Vorteilen für die Versicherten. Der Verband dringt zugleich darauf, deren Bedürfnisse bei Datenschutz und Barrierefreiheit ernst zu nehmen.

Das Projekt elektronische Patientenakte kommt voran. Seit Mitte Januar läuft in den Modellregionen Franken, Hamburg und Teilen NRWs der Praxistest. Rund 300 teilnehmende Praxen, Apotheken und Kliniken testen sie im Alltag. Wenn die Arbeit mit dem digitalen Werkzeug dort reibungslos funktioniert, kann es bundesweit starten.

Der Großteil der Akten der gesetzlich Krankenversicherten sei bereits aktiviert, gab Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Februar bekannt. Dies geschieht automatisch, sofern diese nicht aktiv widersprechen. Über eine App ihrer Krankenkasse können Versicherte ihre Akte konfigurieren.

Der SoVD begrüßt die Einführung der elektronischen Patientenakte, da sie Vorteile für die Versicherten bietet. Gleichzeitig müssen aber datenschutzrechtliche Bedenken ernst genommen und die Barrierefreiheit gewährleistet werden. 

Interview zur elektronischen Patientenakte„Die ePA spart Zeit und Nerven“

Anne-Kathrin Klemm ist Vorständin beim Dachverband der Betriebskrankenkassen. Im Interview mit der SoVD-Zeitung spricht sie über die Vorteile der elektronischen Patientenakte und wie die Krankenkassen die Versicherten bei der Einrichtung und beim Umgang mit der ePA unterstützen.

Was sind die Vorteile der ePA für die Versicherten?

Die Versicherten profitieren unmittelbar von einer deutlich verbesserten Datenvernetzung, Datenverfügbarkeit und Datentransparenz, da alle Gesundheitsdaten an einem Ort gespeichert sind und der Informationsaustausch zwischen allen Akteuren im Gesundheitswesen verbessert wird. Mit der digitalen Akte können beispielsweise unnötige Doppeluntersuchungen beim Facharzt und in der Klinik vermieden werden. Denn künftig genügt ein Blick in die ePA, um zu sehen, welche Untersuchungen eine Patientin oder ein Patient bereits hinter sich hat. Das spart Zeit und Nerven der Versicherten. 

Können Sie dafür ein praktisches Beispiel geben?

Ein Beispiel ist der Arztwechsel: Steht etwa ein Umzug an einen anderen Wohnort an, brauchen die Versicherten am neuen Lebensmittelpunkt neue Haus- und Fachärzte. Mit der ePA müssen sich die Versicherten keine Gedanken mehr darüber machen, ob der neue Arzt oder die neue Ärztin über alle relevanten Informationen verfügt. Ein Blick in die ePA genügt. Behandlungen können so mehr oder weniger nahtlos fortgesetzt werden.

Wie barrierefrei ist die elektronische Patientenakte?

Die Einrichtung und Nutzung ist noch nicht so komfortabel wie zum Beispiel das Online-Banking, das seit Jahren zu unserem Alltag gehört. Dies liegt unter anderem an den sehr hohen Datenschutz-Anforderungen bei der Verarbeitung von Gesundheitsdaten. Dennoch wurde mit den Vorgaben aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und der Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) versucht, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Zudem bieten iOS- und Android-Smartphones eigene Bordmittel an, die die Benutzerfreundlichkeit und Barrierefreiheit weiter erhöhen können.

Helfen die Krankenkassen bei der Einrichtung der ePA?

Die Krankenkassen stehen mit Rat und Tat zur Seite. Schließlich sind wir, die Krankenkassen, mit am nächsten an den Versicherten dran. Dafür haben die Krankenkassen Ombudsstellen eingerichtet, die insbesondere über das Antragsverfahren, das Verfahren zur Bereitstellung der ePA und das Widerspruchsverfahren sowie über weitere Rechte und Ansprüche der Versicherten im Zusammenhang mit der ePA und deren Funktionsweise informieren.

Zuletzt: Wie sieht es mit der Sicherheit der ePA aus?

Hundertprozentige Sicherheit gibt es bei technischen Systemen nicht, da darf man den Menschen nichts vormachen. Und gleichzeitig gilt: Die ePA ist der sicherste Ort, den wir haben, um Gesundheitsdaten speichern und verarbeiten zu können. Die Versicherten haben die volle Kontrolle über ihre Daten und können selbst entscheiden, ob, wann und mit wem sie Informationen teilen.