Für gleiche Chancen der Geschlechter, von Arbeitsmarkt bis Familie, engagiert sich der SoVD auch im Bündnis „Sorgearbeit fair teilen“. Die 10. Plenumssitzung am 13. Juni fand in der SoVD-Bundesgeschäftsstelle in Berlin statt. Neben Wahlen eines Bündnisrates und anderen Themen ging es dabei um die Frage: Wie partnerschaftlich läuft in Deutschland die Kindererziehung?
Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen Lebensbereichen ist immer noch nicht gegeben. Das zu ändern setzt fair geteilte Sorgearbeit voraus.
Sorgearbeit, englisch „Care“, meint das Kümmern: Haushalt, Kinder betreuen und erziehen, Angehörige oder Nahestehende pflegen, familiäre oder freundschaftliche Hilfen.
Diese unbezahlte Arbeit leisten immer noch überwiegend Frauen – über vier Stunden täglich im Durchschnitt, anderthalb Mal so viel wie Männer. Das Mehr an Care lässt ihnen weniger Zeit für Erwerbsarbeit, Engagement, Erholung und Freizeit.
Familienstartzeit, Pflegezeit, Steuer- und Elterngeldreform
Daher wandte sich das Bündnis erneut an die Politik: Am 15. und 16. Juni war in Potsdam die Bund-Länder-Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister. Die 26 Mitgliedsorganisationen, darunter der SoVD, forderten diese auf, sich für die Umsetzung der im Koalitionsvertrag verankerten Maßnahmen zur gerechten Verteilung unbezahlter Sorgearbeit einzusetzen und die nötigen Haushaltsmittel anzumahnen.
„Gleichstellung und Chancengleichheit unabhängig vom Geschlecht müssen gerade in gesellschaftlichen Krisenzeiten seitens der Politik priorisiert werden“, so das Bündnis. „Damit das ‚Jahrzehnt der Gleichstellung‘ Realität wird, müssen vereinbarte Vorhaben wie die zehntägige bezahlte Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt („Familienstartzeit“), eine Lohnersatzleistung für Pflegezeiten, die Ausweitung der individuellen, nicht übertragbaren Elterngeldmonate und die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V noch in dieser Legislaturperiode kommen.“
Vorschläge für ein wirksameres Elterngeld
Die Forderungen zeigen, dass viel mit Kindern verknüpft ist. Hier bleiben die Aufgaben sehr ungleich verteilt. Moderiert von Bündniskoordinatorin Dr. Bettina Rainer ging es um Zahlen, Zusammenhänge und darum, ob das Instrument Elterngeld etwas geändert hat.
Zu Gast waren Svenja Pfahl und Stefan Reuyß vom Forschungsinstitut SowiTra. Sie stellten ihre 2022er Studie „Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes“ für die Friedrich-Ebert-Stiftung vor. Sie ergab: Zwar gibt es Fortschritte, aber kleinere, als es die Einführung des Elterngeldes 2007 und Änderungen bis 2021 wie ElterngeldPlus und Partnerschaftsbonus bewirken sollten. Die Rollen änderten sich nur wenig.
98 Prozent der Frauen nahmen zuletzt Elternzeit, doch nur 42 Prozent der Männer. Ihr Anteil steigt, „aber der Gender Gap ist immer noch deutlich“, so Reuyß. Das zeigten etliche Detaildaten zu Familie und Beruf.
Das ElterngeldPlus verfehlte sein Ziel. Basismonate in je zwei Plusmonate umwandeln, zum maximal halben Geld, und dabei bis 32 Stunden in Teilzeit arbeiten – Effekt davon sei ein „Trend zur Retraditionalisierung“. Mehr Mütter stiegen länger ganz vom Beruf aus (im Schnitt 13,6 statt 11,6 Monate). Väter nutzten es kaum.
Eine Reform müsste mehr Partnerschaftlichkeit, stärkere Väterbeteiligung, soziale Gerechtigkeit und Krisenfestigkeit bringen. Vorschläge waren etwa, den Teilzeitkorridor zu senken und Normen zu ändern, von „7 + 7“ statt „12 + 2“ Monaten zu sprechen. Die Anwesenden diskutierten Modelle – klar war, weitere Nachbesserungen müssten her.