Noch immer gibt es, nach nun 80 Jahren, keinen repräsentativen Gedenkort für die Opfer, die Toten und die Nichtgestorbenen, keinen Platz, an dem auch die Mörder und die Auftraggeber Vergebung suchen können.
Am heutigen Abend werden die Nachkommen der Verbrannten Verstümmelten, Erschlagenen, Erstickten, psychisch auf Dauer Erkrankten und der Überlebenden, die zumeist voller Schuldgefühle: Warum alle anderen - warum nicht auch ich? an verschiedenen Plätzen der gemarterten Stadt stilles oder auch bekennendes Gedenken begehen. Sie denken an den Tag, der für die Geschichte der sächsischen Hauptstadt ein Zeitsprung war, aus einer Zeit des jahrhundertelangen Glanzes in die Sekunden der Unwiederbringlichkeit durch Vernichtung.
Wir können den Tätern nicht vergeben, wir können ihnen nicht verzeihen, wir können ihnen nur unseren in Demut gewandelten Zorn darbringen und Gemeinsamkeit mit ihnen im Schweigen, im Gebet, im Gespräch suchen für den einen Schrei: Nie wieder Krieg!
Wir, die Dresdnerinnen und Dresdner, denen diese Elbestadt nicht nur Wohnort, sondern Heimat ist, nicht nur ein Name, sondern ein Gefühl, nicht nur Glanz sondern auch arbeitsame Bescheidenheit, stellen uns der unwürdigen Diskussion über Schuldaufzählungen dieser und jener Seite, der deutsch-bürokratischen Vernichtungsmathematik- und -statistik um die Zahl der Opfer, entgegen: Jedes verlorene Leben war eines zu viel!
80 Jahre nach dem Inferno fordern wir unsere Stadt und unser Land auf endlich einen Platz des Gedenkens, Erinnerns, Trauerns, Betens und des Hoffnung Schöpfens zu schaffen, der die Würde der Opfer und den Mut der Helfer inmitten des Feuers ehrt. Einen Ort, der ein Verständnis zwischen Opfern und Tätern ermöglicht jenseits von Ideologie, Religion und Weltanschauung.
Wir fordern die Stadt auf am Platz des Narrenhäusels am Neustädter Ufer den Barocken Bau wieder zu errichten und ihm architektonische Brechungen zu implementieren, die dem Tag, an dem nicht nur die Scheiben, Fenster und Spiegel sprangen, sondern auch die Zeit, ein aufrüttelndes unvergleichliches Gepräge zu geben durch Schauer auslösende Dissonanz inmitten barocker Strukturen.
Im Haus, im Keller eine Kapelle, im Erdgeschoß ein Raum zum Zusammensein, im ersten Stock Arbeitsräume und im Obergeschoß ein großer Panoramaraum, der den wundervollen Blick auf die Altstadt und die Neustadt, nach Osten und nach Norden, nach Süden und nach Westen ermöglichen würde. Mit schwarz-weißen Projektionen der Brände am 13.Februar 1945 auf wie von Flammen bewegten Vorhängen, wird ein nicht loslassendes Grauen erzeugt, das nur vorsichtiges Gehen, auf dem Boden, als wären es Gräber, erlaubt, der Zahlen und Texte in mehrschichtiger gläserner Tiefe spiegelt, die der menschgemachten Vergänglichkeit an diesem einen Tag angemessen sind.
Es ist nun die Zeit gekommen, nicht mit weiterer Kulissenarchitektur zu begeistern, sondern es ist an der Zeit, die Gefühle der Menschen in Stein zu schlagen und für die Unwiederbringlichkeit des Seins Formen zu finden, aus Trümmern Brücken zu zimmern zwischen den Zeiten auf beiden Seiten des Sprunges.
Dr. med. Helmhold Seidlein,
dessen Großeltern nahe bei den Phosphorbomben waren, aber überlebten und somit der Enkelgeneration überhaupt das Leben ermöglichten.